Lübecker Rotspon
Die altehrwürdinge Hansestadt Lübeck und das kleine Rittergut Wüstenhain hätte bis auf das "Ü" im Ortsnamen nichts verbunden, wenn nicht der Wind der Liebe am 25.03.1890 den Wüstenhainer Gutsherrn Ernst von Heynitz und die Lübecker Patrziertochter Wilhelmine Henriette Tesdorpf in den Hafen der Ehe getrieben hätte. Dieses schöne familiäre Ereignis bescherte dem Rittergut Wüstenhain zwar keine nachträgliche Mitgliedschaft im Hansebund, aber mit der neuen Gutsherrin zog bürgerlicher Wohlstand in die preußische Provinz ein.
Wilhemine entstammte der Patrizierfamilie Tesdorpf aus Lübeck, die mehrere Ratsherrn und Bürgermeister der Hansestadt stellte. Berühmt wurden die Tesdorpfs aber vor allem mit dem Import und Handel von Weinen. Die Besonderheit von Deutschlands ältester Weinhandlung ist bis heute der "Lübecker Rotspon", ein Bordeaux, der unter dem Einfluss des Lübecker Seeklimas reift.
Nach der Fertigstellung des Neuen Wüstenhainer Herrenhauses im Jahr 1894 zogen Wilhelmine und Ernst aus der Lübecker Mengstraße nach Wüstenhain. Hier führten sie das Rittergut, das seit dieser Zeit Dank der Tesdorpfschen Weinhandlung den besten Weinkeller der gesamten Niederlausitz hatte. Hausmarke war natürlich der "Lübecker Rotspon".
Ebenfalls im Jahr 1894 verließ der spätere Literaturnobelpreisträger Thomas Mann seine Heimatstadt Lübeck. In seinem Roman "Die Buddenbrooks" verewigte er neben dem Rotspon auch Wilhelmines Vater, Carl Tesdorpf, als "Konsul Kistenmaker" und ihren Onkel, Krafft Tesdorpf, als "Weinhändler Stephan Kistenmaker".
An den lübeckisch-hanseatischen Einfluss in Wüstenhain erinnern heute noch das "Neue Wüstenhainer Herrenhaus", dessen Portal einem Lübecker Kaufmannshaus nachempfunden wurde, und natürlich der Lübecker Rotspon, mit dem der traditionsbewusste Wüstenhainer gerne seine Gäste verwöhnt. In diesem Sinne: "A votre santé Wilhelmine Henriette Tesdorpf!"
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